Homosexuelle Handlungen unter Männern waren in Deutschland bis zum 11. Juni 1994 strafbar - erst dann wurde der berüchtigte Paragraf 175 des Strafgesetzbuches endgültig abgeschafft. Im Jahr 1935 wiederum war die Strafbarkeit homosexueller Handlungen unter Männern drastisch verschärft worden. Diese Straftatbestände galten sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR bis Ende der sechziger Jahre fort - inzwischen sind sie als nationalsozialistisches Unrecht anerkannt.
2002 hob der Bundestag daher die entsprechenden Urteile auf, die bis 1945 ergangen sind. Die aufgrund derselben Strafvorschriften in der Zeit danach ergangenen Urteile haben jedoch Bestand.
Im Oktober 2012 forderte der Bundesrat auf Initiative Berlins die Bundesregierung auf, endlich Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Unrecht aus der Welt zu schaffen. Geschehen ist seither nichts. Berlin hat daher nunmehr erneut eine Bundesratsinitiative gestartet: Die Bundesregierung soll jetzt ein Gesetz auf den Weg bringen, mit dem auch die nach 1945 ergangenen Urteile aufgehoben werden, damit die Betroffenen endlich nicht mehr als verurteilte Straftäter gelten.
Am 27. Mai 2015 befasste sich der Rechtsausschuss des Bundesrates mit der vom Land Berlin eingereichten Initiative. Jedenfalls nach außen hin waren sich alle einig, dass dieses Unrecht beseitigt werden muss. Gleichzeitig wurden reflexartig die seit langen Jahren bekannten verfassungsrechtlichen Bedenken erneut vorgebracht, die angeblich einer Aufhebung der Urteile durch ein Gesetz entgegenstehen. Die andere Möglichkeit der Aufhebung der Urteile, nämlich durch eine Wiederaufnahme der Verfahren, scheitert daran, dass die Akten inzwischen zumeist vernichtet sind. Der Antrag wurde daher erstmal bis auf weiteres vertagt.